Die Wirtschaftlichkeit von stationären Stromspeichern in der Praxis 

Die Energiewende bedeutet im Wesentlichen eine Elektrifizierung unseres gesamten Energiesystems, bestmöglich auf Basis der Erneuerbaren PV, Wind und Wasserkraft. Die damit einhergehenden technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind mannigfaltig.

Zum einen braucht es für die Energiewende stärkere Stromnetze, um die erforderlichen Strommengen transportieren zu können. Dies bedingt eine verstärkte aber auch eher dezentral ausgerichtete Netzinfrastruktur. Zum anderen braucht es Speichermöglichkeiten für die fluktuierende Stromproduktion, um Erzeugung und Verbrauch über eine stabile Netzfrequenz von 50 Hz zu synchronisieren.

Diese Stromspeicher müssen kurz-, mittel- und langfristige Aufgaben erfüllen. Kurzfristige, um die untertägige, stündliche Fluktuation im Ausmaß einer Regelenergie abzufangen; mittelfristig, um schwache Wind- und Sonnenintensitäten auszugleichen und vor allem die Energie vom Tag in die Nacht zu bringen und langfristig für den saisonalen Ausgleich zwischen Sommer und Winter.

Speichersysteme

Die Energiespeicherung unterstützt bei der Stabilisierung des Energiesystems und bei der Übertragung von Energien von einem Sektor in einen anderen. Dabei sind drei Sektoren von besonderer Bedeutung:

- Strom

- Mobilität

- Wärme

Speicher werden auf Basis von unterschiedlichen Anforderungen und Möglichkeiten ausgewählt und richten sich in der Regel nach den geringsten Umwandlungsverlusten, nach Baugröße und Gewicht und der höchsten Wirtschaftlichkeit. Gerade für die voranschreitende Elektrifizierung und kurz- mittelfristige Stabilisierung der Stromnetze sind elektrochemische Speicher (Batterien oder Akkumulatoren) die Mittel der Wahl.

In den letzten Jahren wurden große Entwicklungsschritte sowohl bei der Optimierung der Speicherdichte von Batterien als auch bei der Materialauswahl und den spezifischen Kosten verzeichnet.

Grafik Entwicklung von Batteriepreisen und Energiedichte

Entwicklung von Preisen und Energiedichte von Lithium-Ionen-Speichern für Mobilitätsanwendungen

Datenquellen: Energiedichte aus Forschungsinformationssystem Mobilität und Verkehr 2024, Datenbasis McKinsey; Preisentwicklung für Batteriepacks von VDE Renewables GmbH 2025, Datenbasis Goldman Sachs 2024, Bloomberg NEF 2025, Battery Report 2025

Zellchemie und Leistungsfähigkeit von elektrochemischen Speichern

Durch die Zellchemie wird die Art des Spannungsverlaufs, aber auch die Verluste und die Alterungsvorgänge bestimmt. Der wesentlichste Einfluss bezieht sich jedoch auf die Energiedichte und die spezifische Leistung der Batterie, die gerade für stationäre Anwendungen entscheidend ist.


Die wichtigsten Kriterien für die Technologieauswahl sind:

  • Energiedichte: speicherbare Energie pro Masse oder Volumen

  • Leistungsdichte: Be- und Entladeleistung definiert durch die C-Rate (Kehrwert der Entladedauer in Stunden; d.h. Entladedauer von 1h —>C-Rate = 1; 2h —> C-Rate = 0,5)

  • Zellspannung: je höher die Zellspannung, desto höher die Leistung

  • Wirkungsgrad: Anteil der geladenen Energie, die bei der Entladung wieder zurückgewonnen werden kann

  • Stabilität: SOH (State of Health) über den gesamten Betriebszeitraum (z.B. Restkapazität nach 20 Jahren Nutzung)

  • Selbstentladung: verbleibende Energie bei Nichtbenutzung


Für stationäre Batteriespeicher wird erwartet, dass sich kurzfristig LFP-Zellen (Lithium-Eisen-Phosphat) gegenüber Li-NMC-Zellen (Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt) durchsetzen. Allerdings könnte die Natrium-Ionen-Technologie durch ihre höhere Nachhaltigkeit und vor allem durch die bessere Verfügbarkeit der Rohstoffe bald konkurrenzfähig werden.

In Österreich wurden schon erste Großspeicherlösungen realisiert:

Tabelle Großspeicherlösungen Österreich

Zumeist handelt es sich um Projekte von Energieanbietern. Große Speicherlösungen für Gewerbe- und Wirtschaftsbetriebe sind erst langsam im Vormarsch.

 

Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen

Baugrößen für gewerbliche Speicher gehen vom Schrankformat bis zur Containerlösung. Üblicherweise kann man für eine Containerlösung von einer Speicherkapazität von 1 bis 3 MWh ausgehen. Die Aufstellung der Speicher kann sowohl indoor als auch outdoor erfolgen.

Bild Skalierbarer Großspeicher für Gewerbe und Industrie

Skalierbarer Großspeicher für Gewerbe und Industrie

Quelle: Neoom (Produktlinie BLOKK)

Bild Großspeicher am Feld

Großspeicher mit 116 MWh Kapazität und 50 MW Leistung

Quelle: Verbund 2024, Geplanter Großspeicher in Rheinland-Pfalz von Kyon Energy (Baubeginn geplant 2025).


Vorteile für betriebliche Speicherlösungen:

  • Integration erneuerbarer Energieerzeuger (z.B. PV-Anlagen)

  • Kostenreduktion für Spitzenlaststrom (Peak-Shaving)

  • Netzdienlicher Betrieb: Beladung mit günstigem Überschussstrom und Entladung von Bedarfsstrom

  • Verringerung des Netzausbaubedarfs bzw. zusätzlicher Trafokapazitäten

  • Resilienz gegenüber Stromausfällen


Für eine 1 MWh Containerlösung können aktuell Kosten von rund 400 bis 500 TEUR angesetzt werden. Die größten Kostenbestandteile sind das Batteriesystem, die Leistungselektronik und die Systemintegration.

 Für die Amortisationsrechnung können folgende Einsparungen berücksichtigt werden:

Tabelle Einsparungen CapEx und OpEx

Die Wirtschaftlichkeit von stationären Stromspeichern soll anhand von zwei Beispielen vereinfacht dargestellt werden:

 

Peak Shaving

Ein Produktionsbetrieb wird zweischichtig betrieben. Die Anlage läuft an 200 Tagen im Jahr. Der Stromverbrauch des Betriebs folgt einem Muster, das sich alle zwei Stunden mehr oder weniger wiederholt. Die Stromtarife betragen unter 500 kW Leistung 10 Cent/kWh und über 500 kW Leistung 20 Cent/kWh. Daraus ergibt sich folgendes Lastprofil (die mittlere Last beträgt 500 kW):

Grafik Lastgang einer Produktionsperiode und Potenzial für das Peak Shaving

Lastgang einer Produktionsperiode und Potenzial für das Peak Shaving

Es wird überlegt, durch den Einsatz eines Stromspeichers, die Lastspitzen zu kappen:

Der Energieverbrauch über dem Mittelwert von 500 kW beträgt 200 kWh innerhalb der zweistündigen Produktionsperiode. Der Gesamtenergieverbrauch einer Periode beträgt 1.000 kWh. Der Periodenverbrauch unterhalb der Grenze von 500 kW ergibt sich somit zu 800 kWh.

Produktionszeit pro Jahr: 200 Tage x 16 h = 3.200 h à 1.600 Perioden

 

Erforderlicher Mindestspeicher für die Abdeckung der Spitzenlast: 200 kWh

Mit einem Sicherheitszuschlag von 10% ergibt sich die Speichergröße zu 220 kWh

 

Die Kosten für den Speicher werden mit 150.000 EUR inkl. Installation und Anschluss angenommen.

 

Die jährlichen Kosten für den Spitzenstrom (Kostendifferenz 0,1 EUR/kWh) belaufen sich auf:

1.600 Perioden x 200 kWh x 0,1 EUR/kWh = 32.000 EUR

Die jährliche Rendite beträgt: 32.000 EUR / 150.000 EUR = 21,3 %

Die statische Amortisationszeit beträgt: 150.000 EUR / 32.000 EUR = 4,69 Jahre

Ausnutzen von Strompreisen am Spotmarkt

Ein Industrieunternehmen hat einen sehr hohen, kontinuierlichen Stromverbrauch.

Der jährliche Stromverbrauch beträgt 10 GWh

Der Durchschnittsverbrauch pro Tag beträgt ca. 40 MWh

Der durchschnittliche stündliche Stromverbrauch beträgt ca. 1,7 MWh

Die Kostenkurve wurde aus den österreichischen Sportmarktpreisen ermittelt. Aus der Wochenübersicht können Kosten-Potenziale abgeleitet werden:

Strompreis für ein Industrieunternehmen am Spotmarkt

Die Differenz zwischen Hoch- und Tiefpreis beträgt im Schnitt rund 10 Cent/kWh bzw. 100 EUR/MWh.

Eine Zwischenspeicherung erscheint für 2 h sinnvoll. In dieser Zeit können, abhängig von der maximalen Anschlussleistung und der Last, ca. 2,5 MWh zwischengespeichert werden. Die Zwischenspeicherung kann zweimal täglich erfolgen.

Gewählte Speichergröße: 2,5 MWh

Investitionskosten: 1,2 Mio. EUR

350 Tage x 2 Speicherungen pro Tag x 2,5 MWh x 100 EUR/MWh = 175.000 EUR/Jahr

Die jährliche Rendite beträgt: 0,175 Mio. EUR / 1,2 Mio. EUR = 14,6 %

Die statische Amortisation beträgt: 1,2 Mio. EUR / 0,175 Mio. EUR = 6,8 Jahre

Fazit

Für den gewerblichen und industriellen Bedarf gibt es Stromspeicher bis in den MWh-Bereich. Diese Speicher werden in Industrieschränken oder in Containern untergebracht und lassen sich auch im Freien aufstellen und relativ einfach skalieren. Die Wirtschaftlichkeit wird durch die Investitionskosten (aktuell ca. 400 bis 500 TEUR für 1 MWh Speicher) und die Einsparungen aus dem Strombezug, insbesondere bei Hohen Kosten für Spitzenstrom, bestimmt.

Wie die Praxis zeigt, ist nicht jeder Speicher von Haus aus wirtschaftlich und die Prüfung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit aber auch der eingesetzten Technologie muss individuell vorgenommen werden.

Es ist zu erwarten, dass sich die Kosten für Stromspeicher weiter sinken und diese künftig als Standardausstattung von Produktionsbetrieben eingesetzt werden. Auch wenn sich die Verbesserung der Zellchemie hinsichtlich Kosten und Performance rasant entwickelt, ist der Einsatz von Speichern in vielen Fällen auch heute schon wirtschaftlich sinnvoll darstellbar. Dort wo es sich jetzt schon auszahlt, sollte nicht zu lange gewartet werden! Denn wir haben für die Bekämpfung des Klimawandels nur ein begrenztes Zeitfenster. Und in diesem Zeitfenster werden die Karten für den zukünftigen technologischen und wirtschaftlichen Erfolg neu gemischt – es liegt also nur an uns, ob wir passiv zusehen oder aktive Gestalter und Profiteure der Energiewende sein wollen!

 

 

Nachdruck nur auszugsweise und mit genauer Quellenangabe gestattet.

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